Bargeflüster:

commedia geschlEchtica 

        zeigen

                Bargeflüster

Hautnahe Liebesgeschichten, ewige Beziehungskämpfe, verratene Freundschaften , alte und neue Ressentiments zwischen Männern und Frauen: all dies in dem Programm "Bargeflüster".

Rahmenhandlung der Begegnungen verschiedener Figuren ist eine Bar, in der unterschiedlichste Charaktere auftreten, in der Konflikte aller Art zwischen den Geschlechtern aufbrechen. 

Humorvolle Dialoge entlarven unsere Unfähigkeit mit dem Gegenüber zu kommunizieren, lassen die Figuren, und letztlich auch uns selbst, grotesk erscheinen. 

Das Anliegen von "Bargeflüster" geht über das bloße Lachen weit hinaus: durch die Verstrickung gemeinhin bekannter literarischer Dialoge, (wie z.B. v. Eichendorff: Das Marmorbild; Shakespeare: Wie es euch gefällt; Cocteau: Die geliebte Stimme; Albee: Wer hat Angst vor Virginia Woolf; Dürrenmatt: Der Besuch der Alten Dame; Osborne: Blick zurück im Zorn) wird die Unüberwindlichkeit des absurden Kampfes der Geschlechter deutlich, der schon bei der einfachen Bestellung in einer Bar, zwischen Partnern, zum Ausbruch kommen kann.

Ein Programm, das für viele Überraschungen gut ist, das sich kritisch mit unserem Alltag auseinandersetzt, das uns endlich einmal wieder erlaubt über uns zu lachen - oder zu weinen; so wie es der Zuschauer eben will.

 

 

 

Kritik:

Badische Neueste Nachrichten, 10.10.01

"Du verstehst mich einfach nicht" 
Gelungenes Stück zwischen Mann und Frau

Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen. Diese These ist man nach dem Besuch des neuen Stückes "Bargeflüster" der "commedia geschlEchtica" geneigt zu unterstreichen. Obwohl man dieses Fazit dann doch nicht ernst nehmen kann. Schließlich präsentieren Eva Brhel und Bernd Klußmann-Nittner im Bürgerhaus Gochsheim eine leichte und augenzwinkernde Komödie, die - wenn durchaus auch mit ernsten Tönen durchsetzt - sich hauptsächlich humoristisch den Klischees des alltäglichen Geschlechterkampfes bedient. Rahmenhandlung des Stückes ist eine Bar. Chefin Nicole sucht für ihre Kneipe tatkräftige Unterstützung und stellt mehr oder weniger zufällig den Lebenskünstler Tom ein, einen ausgemachten, vor Selbstgefälligkeit strotzenden Chauvi. Er schafft es durch seine Art daher schnell das Leben der sonst so gut organisiertenNicole durcheinander zu bringen. Jedes Wort führt zu Missverständnissen, bald geht es nur noch um das ewige Thema Mann und Frau. Die humorvollen, von Eva Brhel selbst getexteten, Dialoge entlarven die Unfähigkeit mit dem Gegenüber zu kommunizieren,  lassen die Figuren grotesk erscheinen. Unwillkürlich entdeckt sich der Zuschauer selbst, so nah ist das Stück am Leben, so oft hat man die Situation selbst erlebt, so treffend ist das Alltagsgeschehen in Komik verpackt Doch das Anliegen von "Bargeflüster" geht über das bloße Lachen weit hinaus. Durch Einschübe allgemein bekannter Dialoge aus der Weltliteratur, etwa "Wie es euch gefällt" von Shakespeare, "Der Besuch der alten Dame" von Dürrenmatt oder "Die geliebte Stimme" von Cocteau, wird die Unüberwindlichkeit des absurden Kampfes der Geschlechter deutlich, der schon bei der einfachen Bestellung in einer Bar, zwischen Partnern, zum Ausdruck kommen kann.

Dort, wo die Figuren sprachlos werden, entladen sich die Emotionen in Tänzen, die dem Stück eine zusätzliche Sprache verleihen. Einem Stück, das für viele Überraschungen gut ist, sich kritisch mit dem Alltag auseinandersetzt und es dem Publikum erlaubt über sich selbst zu lachen. 

ors


Murrhardter Zeitung, 27.01.03

"Bargeflüster": Die "commedia geschlEchtica" gastierte im Heinrich-von-Zügel-Saal

Beziehungskisten dem Publikum a la carte serviert

(pan) - Der fundamentalen Frage, warum 1 sich nach 2 sehnt, nur um festzustellen, dass 1 allein besser fährt als mit 2, ging die "commedia geschlEchtica" mit ihrem Kabarett "Bargeflüster" im Heinrich-von Zügel-Saal nach. 
Im Laufe seines stillschweigenden Barlebens hört ein Tresen viel. Mancher Herzenserguss einsamer Menschen, manchen Tobsuchtsanfall oder das hochphilosophische Lallen Angesäuselter. Der ideale Ort also, um die vertrackten Beziehungskisten zwischen Mann und Frau anhand von ausgesuchten Beispielen darzustellen. Diese stammen aus der Weltliteratur und werden sozusagen a la carte dem Publikum serviert. "Es ist schwierig,Vorlagen zu finden, die Triviales mit Anspruchsvollem kombinieren, deshalb fing ich an, eigene Stücke zu schreiben.", so Eva Brhel, die zusammen mit ihrem Partner Bernd Klußmann-Nittner in diverse Rollen schlüpft.
Die Ausgangssituation ist alltäglich. Der arbeitslose Tom sucht einen Job und lernt so die Barbesitzerin Nicole kennen. Taffe Geschäftsfrau, die sie ist, unterstellt sie ihrem neuen Kellner von vorneherein Machoallüren und macht zunächst auf Revierkämpfe. Es knistert und kracht nur so in diesem biologisch determinierten Kollisionskurs zwischen Männlich und Weiblich. Da werden alle Vorurteile und Erfahrungen aus den Erinnerungsschubladen gekramt, kein Missverständnis und kein Fettnäppchen ausgelassen. Sie erzählt von ihrem ersten Freund, der fatalerweise auf Naturduft (be)stand, er von einer Frau, die just das an ihm schätzte. Er meint, alle Frauen über einen Kamm scheren zu dürfen und unterstellt ihnen, dass sie die Männer nur unter einem sehr einseitigen Blickwinkel betrachten würden. Damit den beiden aber beim Streiten nun doch nicht zu wohl wird, kommt dann und wann ein Gast. Zunächst eine kühle Blonde, der auch prompt das passende aus der Speisekarte serviert wird, nämlich Joseph Eichendorfs "Das Marmorbild". Die Novelle erzählt von einem Dichter, der sich in ein Marmorbildnis verliebt und in seinem Wahn immer tiefer in gefährliche Verstrickungen gerät. Wenig später stolpert ein ganz Verdruckter in die Bar und erzählt von seiner Rosalinden, die mehr Dornen wie Blütenblätter besitzt und ihn ziemlich unter ihrer Fuchtel hält. Der Name ist natürlich eine Anspielung auf die Komödie " Wie es euch gefällt " von William Shakespeare, in der sichRosalinde als Ganymed verkleidet und in dieser männlichen Rolle ihren Orlando erobert, wobei die literarische Vorlage ein bisschen zweideutig
 verändert wurde. Nicht der Anfang, sondern das Ende einer Beziehung lockt die nächste Dame an den Tresen. Zu Hochprozentigem wird ihr "Die geliebte Stimme" von Jean Cocteau gereicht. Hier geht es um ein Telefongespräch, das tragisch mit dem Selbstmord der Protagonistin endet. Eine Rolle, in der Eva Brhel brillieren konnte, ebenso mit ihrem Partner beim darauffolgenden Tango, der des Kabaretts ersten Teil beendete.

Die nächsten beiden Gäste finden die Bar verlassen vor. Wie es mit ihrer Beziehung aussieht, wird schnell klar, denn sie spielen "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" von Edward Albee nach. In diesen Szenen einer Ehe im Endstadium wird der Rosenkrieg mit den spitzesten und verletzendsten Verbalwaffen geführt, um den Partner psychisch zu vernichten. Rachegelüste treiben auch eine betagte Exilrussin mit Stil und Stock um, zu ihr passt der "Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt. Das Stück handelt von einem großen Unrecht, das einer Dorfbewohnerin in jungen Jahren widerfährt und das sie nie vergessen kann. Als gemachte Frau kehrt sie zurück, einzig und allein, um ihren einstigen Geliebten zu vernichten und der Dorfgemeinschaft ihre Menschenwürde zu nehmen. Schließlich betritt ein waschechter Prolet im Unterhemd und mit Seefrauentatoo die Kneipe. Lautstark spielt er mit den Muskeln und seinen Aggressionen. Auf ihn ist "Blick zurück im Zorn" von John Osborne zugeschnitten. Dabei geht es um einen aufgebrachten, mit vielen Vorurteilen behafteten jungen Mann der Unterschicht, der gegen das Establishment wettert, aber natürlich auch von den Frauen nicht allzu viel hält.
Im Laufe des Abends hat sich zwischen Tom und Nicole etwas geändert. Er findet sie nicht mehr so machomäßig, sie ihn plötzlich ganz süß. In ihren Gedanken stellt sie sich bereits 25 Jahre Händchenhalten vor. Der Haken ist nur, Tom geht nicht so ran, wie er sollte. Das kann es ja dann auch nicht gewesen sein, und so stellen beide fest, dass der alte Status quo einfach mehr Pfeffer in ihr Dasein gebracht hat, womit sich der Kreis der ewigen Geschlechterproblematik schließt.
Die "commedia geschlEchtica" hat ein anspruchsvolles Kabarett zu dem Thema "Männer sind anders - Frauen" gebracht und einfallsreich umgesetzt. Dass die zwei Barflüsterer damit beim zahlreichen Publikum ins Schwarze getroffen haben, zeigt dessen begeisterte Reaktion. 

 

 

Wieslocher Rundschau, 6.12.01

Der Krieg der Köpfe
und der ewige Kampf der Geschlechter im "Hornochs"


(kob). Sie halten sich in der Menukarte der kleinen Bar versteckt und treten ganz wie im Theater auf Stichwort in Aktion, die großen Literaten dieser Welt. Der simple Essenswunsch scheinbar ahnungsloser Bankkunden wird in Anspielung auf den wahren Grund ihres Erscheinens literarisch befriedigt, mit nervender, harter Kost.
Als wären sie aus ihren Raubtierkäfigen entlassen, dürfen die ganz großen Autoren nun ihren Sarkasmus loslassen auf das Publikum: William Shakespeare zum Beispiel mit seiner vergleichsweise noch harmlosen Rosalinde, die in der ersten Szene des vierten Aufzugs von "Wie es euch gefällt" dem armen Orlando die Sprache verschlägt ( Er: "Willst du mich haben?" - Sie: " Ja, und zwanzig solcher.") Dann Jean Cocteaus "Geliebte Stimme", wo das Publikum mit der Darstellerin schon während des tödlichen Dialogs den sich zuziehenden Strick um den Hals spürt. Kein Dutzendthriller also, sondern große Kunst im kleinen Hornochssaal. Danach hat man fast keine Angst mehr vor Edward Albees "Virginia Woolf", wo die beiden Partner einander nur schlicht fertigmachen.

Natürlich durfte die große Abrechnung mit dem Kollektiv in Friedrich Dürrenmatts "Besuch der alten Dame" nicht fehlen. In der Kleinstadt "Güllen"(!) sind alle schuld am Elend der einst jungen Claire, die nun schreckliche Rache nimmt. 
Große Frauenfiguren ja, aber wo bleibt eine weibliche Autorin? - Sie steckt eher in dem von den Darstellern gemeinsam verfassten Libretto der Rahmenhandlung, in der ein typischer Stranger in the Night (Bernd Klußmann - Nittner) in die von einer Frau (Eva Brhel) geleitete Einmann - Bar hereinschneit. Sie schickt ihn sogleich zum Inventur-Einsatz in den Getränkekeller. Er findet dort ihre Arbeitskladde unbrauchbar und gibt damit den Startschuß zur abendfüllenden Rahmenhandlung eines tragisch-komischen Streitgesprächs zwischen Mann und Frau mit typischem Aneinandervorbeireden, aber auch bemerkenswerten Statesments, wie "Verliebtsein dauert bis zum ersten Streit um den Hausmüll" und zum Thema "Sexgier der Männer":"Frauen sind regelmäßig mit dabei und haben ihren Spaß daran" und schließlich "Zu einer guten Beziehung gehört auch ein bisschen Leid." Als die beiden einmal nicht miteinander streiten, sind sie überrascht und sehr beunruhigt.
Sie bringen den Streittopf sogleich wieder zum Brodeln und entladen anschließend ihren Frust in Tänzen gieriger Hassliebe, bei denen gewagte Griffe und Schienbeintritte in gleicher Weise geschickt platziert werde. 
Und nun zum Schluß noch ein Rat für die Männer: Bitten Sie nie "davor" ihre Herzensdame um einen Tee- das tötet unweigerlich alle Lust!